von Karl Heinz Türk (1928 – 2001)
„Der Dornbusch brannte im Feuer, aber er wurde nicht verzehrt.“ (Ex 3,2)
Foto: Max Schulz (Ausschnitt)
Das große Wandbild an der Liebfrauenkirche zeigt eine Geschichte, die Juden, Christen und Muslime aus Thora, Bibel und Koran kennen: Der Prophet Moses sieht ein geheimnisvolles Feuer, aus dem Adonai / Gott / Allah zu ihm spricht. Moses ist Empfänger einer Botschaft, die ihn dazu bringt etwas zu sehen und zu tun (dazu bringt, in göttlichem Auftrag zu handeln?). Diese Geschichte wird in den drei Religionen jeweils etwas anders berichtet, bleibt aber im Kern gleich: ein Beispiel für die große Bedeutung des Propheten Moses in Judentum, Christentum und Islam und die Verwandschaft zwischen diesen Religionen.
Mehr Informationen zu "Moses vor dem brennenden Dornbusch" an der Liebfrauenkirche in der christlichen Tradition:
Das Wandbild besteht aus einem Muschelkalk-Relief, das Moses vor dem Dornbusch hingestreckt zeigt, und einem gewaltigen Feuer aus roten schwedischen Granitplatten. Fertiggestellt wurde es 1965 von dem Nürtinger Maler und Bildhauer Karl Heinz Türk.
Es setzt eine Szene aus Moses‘ Berufung ins Bild, wie sie in der Thora und im Alten Testament geschildert ist.
Als Mose Schafe und Ziegen am Gottesberg Horeb weidete, erschien ihm der Engel des HERRN in einer Feuerflamme aus einem Dornbusch. Der Dornbusch brannte im Feuer, aber der Dornbusch wurde nicht verzehrt. Mose wollte sich die Erscheinung ansehen. Da rief Gott ihm mitten aus dem Dornbusch zu: Mose, Mose! Er antwortete: Hier bin ich. Er sagte: Komm nicht näher heran! Leg deine Schuhe ab; denn der Ort, wo du stehst, ist heiliger Boden. Dann fuhr er fort: Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs. Da verhüllte Mose sein Gesicht; denn er fürchtete sich, Gott anzuschauen. (Exodus 3,1-6)
Moses ist bei der Begegnung mit Gott zu sehen, der ihm als brennender, aber nicht verbrennender Dornbusch erscheint. Die Haltung Moses, die Anordnung der Platten sowie die Abstufung der Rottöne deuten die außergewöhnliche Beziehung Gottes zu Mose an. Die Erzählung kann man - religionsübergreifend - als paradox dargestellte Gottesbegegnung oder auch als Erfahrung des ganz Anderen verstehen. Danach hat sich die Stiftung, die Trägerin der Kulturkirche, benannt.
Das Fassadenbild ist mit den beiden Reliefs in den Eingangsbereichen „Vertreibung aus dem Paradies“ (links) und „Opfer Abrahams“ (rechts) zusammen zu betrachten. Dreimal handelt der Engel des Herrn, zuerst für den sich offenbarenden, dann den strafenden und den begnadenden Gott.
Es gibt noch einen verborgenen Bezug des gewählten Motivs zur Liebfrauenkirche. Sie wurde Maria, der Mutter Gottes geweiht., "unserer lieben Frau". Maria ist der brennende, aber nicht verbrennende Dornbusch: Sie trug Gott in sich, ohne zu vergehen.
Foto: BigBeautifulBuilding, Christian Huhn
Literatur:
Fuchs, Martin [Bearb.]; Türk, Karl. H.: Bildhauer K.H. Türk: Werkbericht, Stuttgart 1988.
Türk, K.H.; Sediq, Milo: K.H. Türk: Kunst im Land. Leben und Werk eines Bildhauers, Königsmoos 2002.